Mar 20, 2024 |

Feminismus braucht Finanzierung! Es ist Zeit für eine feministische Finanzierungsstrategie

Dieser Artikel wurde im Oktober-November 2023 verfasst und ist Teil einer Interviewserie, die von Miriam Mona Mukalazi durchgeführt wurde. In diesem Meinungsbeitrag diskutieren Michelle Reddy und Amina Doherty die dringende Notwendigkeit, feministische Ressourcen sowohl in der Philanthropie als auch in staatlichen Finanzierungen umzuverteilen, um historische Unterfinanzierungen anzugehen und marginalisierte Gruppen innerhalb feministischer Bewegungen zu unterstützen.

In diesem Artikel diskutiere ich mit Amina Doherty (Black Feminist Fund & Equality Fund) und mit Michelle Reddy (Pacific Feminist Fund) die Rolle von feministischer Entwicklungs- und Außenpolitik als transformatives Tool von staatlichen Finanzmitteln für feministische Bewegungen und Organisationen. Amina und Michelle setzen sich beide für inklusivere und partizipatorische Förderungsprozesse im karibischen und pazifischen Raum ein. Obwohl Regierungen sich alle für nachhaltige Finanzierung verpflichtet haben, bleiben feministische Organisationen historisch unterfinanziert. Besonders betroffen sind feministische Initiativen, die von marginalisierten Personen gegründet und geführt werden. 

Finanzielle Hürden für feministische Bewegungen 

Alle Staaten, die eine feministische Entwicklungs- und Außenpolitik haben, beteuern, wie essenziell Intersektionalität ist. Während finanzielle Mittel im Bereich Menschenrechte generell steigen, ist der prozentuelle Anteil davon, der an Schwarze Communities ausgezahlt wird, erschreckend niedrig. Eine Studie des Black Feminist Fund zeigt, dass weltweit nur 0,1-0,35% aller Förderungen an Schwarze Frauen, Mädchen und trans Personen gehen (siehe Abbildung). Diese Statistik ist erschreckend und gleichzeitig ein Aufruf diesen miserablen Zustand zu ändern (Black Feminist Fund, S.6).

Bildquelle: “Where is the money for Black feminist movements?” vom Black Feminist Fund, S. 6.  

Auch Michelle Reddy teilt diesen Aufruf für feministische Förderungen aus intersektionaler Perspektive: „Die Deutsche Regierungen muss auf heutige Geschehnisse und Situationen reagieren, während sie auch in der Lage sein muss, über die Zukunft nachzudenken und zu sprechen.“ Die Klimakrise zeigt sehr exemplarisch, warum zukunftsorientiertes Fördern, Intersektionalität und Humanitäre Hilfe miteinander gedacht werden müssen. Obwohl der pazifische Raum sehr wenig zur Klimakrise beiträgt, ist er einer der ersten geographischen Räume, der bereits jetzt unter Auswirkungen des Klimawandels leidet. Wenn Regierungen die Klimakrise ernstnehmen, dann müssen sie lokale feministische Initiativen unterstützen. Denn diese nutzen Indigenes und kulturspezifisches Wissen, für den Klimaschutz, sagt Reddy.  

Deutschlands Versprechen der Feministischen Förderung 

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) als auch das Auswärtige Amt (AA) haben sich beide dazu verpflichtet, historisch marginalisierte Gruppen finanziell zu unterstützen. So steht in der Strategie für feministische Entwicklungspolitik vom BMZ: 

„Bei der finanziellen Absicherung gegen Klimarisiken im Rahmen des Globalen Schutzschirms gegen Klimarisiken setzt sich das BMZ für die Umsetzung feministischer Ansätze ein…

sowie für die Berücksichtigung zentraler Faktoren für Vulnerabilität wie Alter, Geschlechtsidentität, Behinderungen, rechtlicher Status von Personen und andere.“

Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, 2023, Feministische Entwicklungspolitik, S.26.

Das BMZ hat sogar sein Versprechen mit konkreten Zahlen und Budgets untermauert. Bis 2025 soll sich proportional die Anzahl für neue Förderungen mit dem Ziel der Geschlechtergerechtigkeit auf 8% verdoppeln. Außerdem soll der Anteil der neuzugesagten Projektmittel für Maßnahmen mit dem Nebenziel der Gleichberechtigung der Geschlechter auf 85 Prozent erhöht werden.  (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, 2023, Feministische Entwicklungspolitik, S.28). Obwohl dieses finanzielle Ziel neu ist, wurde die Notwendigkeit für geschlechter-spezifisches Finanzieren schon vor der Einführung der feministischen Entwicklungspolitik 2023 von der vorherigen Regierung anerkannt. Das AA betritt in diesem Aspekt nun Neuland: 

In einem ersten Schritt haben wir bereits veranlasst, dass im Haushalt 2023 des Auswärtigen Amtes erstmals OECD-orientierte Genderkategorien für alle Projektmittel im Haushalt des Auswärtigen Amtes verpflichtend zu prüfen sind. Diese belaufen sich 2023 auf 5,5 Milliarden Euro bei einem Gesamthaushalt von 7,5 Milliarden Euro. […]

[…] Damit versetzen wir das Auswärtige Amt erstmals in die Lage, in allen Arbeitsbereichen, in denen Projektmittel vergeben werden, auf Gleichstellung zugeschnittene Budgetentscheidungen zu treffen.“

Auswärtiges Amt, 2023, Feministische Außenpolitik gestalten, S.79.

In diesem Zusammenhang ist es notwendig anzuerkennen, dass feministische Finanzierung kein Konzept ist, dass durch feministische Entwicklungs- oder Außenpolitik eingeführt wurde. Amina verdeutlicht, dass manche Regierungen sich bereits für die Finanzierung feministischer Arbeit engagiert haben – vor der offiziellen Einführung feministischer Außenpolitik (siehe Studie der Association for Women’s Rights in Development). Einige Beispiele sind das Niederländische Auswärtige Amt, die Schwedische Entwicklungsagentur (Sida) und der Fund for Gender Equality. Aktuellere Beispiele von Regierungen, die Geschlechtergerechtigkeit finanzieren, sind die kanadische und britische Regierung durch den Equality Fund. Besonders die Niederlande und Kanada plädieren für feministische Förderungen durch ihre feministische Entwicklungs- und Außenpolitik. In einer feministischen Utopie, wie Reddy es formuliert, sollten feministische Förderungen jedoch in allen politischen Bereichen existieren. Ansonsten entsteht das Paradox, dass ein Ministerium eine ausführliche und durchdachte feministische Außenpolitik betreibt, jedoch gleichzeitig die gleiche Regierung eine widersprüchliche Handelspolitik betreibt. In diesem Fall wird die feministische Perspektive für bestimmte Themenbereiche ignoriert und nicht in ihrer Ganzheit anerkannt. Ein anderes großes Risiko stellt der Anstieg von rechten Regierungen dar. Diese finanzieren keine feministischen Maßnahmen, sondern führen stattdessen anti-feministische Gesetze ein. 

Ein Appell an Philanthropie und staatliche Finanzierungen 

Feministische Maßnahmen bedeuten die Umverteilung von Macht. Hierbei ist ein allumfassender Wandel von Machtstrukturen in der Philanthropie notwendig, um feministische Förderungen zu realisieren. Denn nur so kann finanzielle Förderungen feministisch sein. Auch Regierungen müssen sich zu einer feministischen Förderung als eine politische Grundausrichtung verpflichten. Sowie Stiftungen, die sich zu langfristigen Förderungen verpflichten müssen. Beispielsweise setzt sich der Black Feminist Fund dafür ein, dass stiftende Träger*innen Förderungen für einen Zeitraum von mindestens acht bis zehn Jahre ausstellen (siehe deren offenen Brief an die Philanthropie).

Hierbei ist ein allumfassender Wandel von Machtstrukturen in der Philanthropie notwendig, um feministische Förderungen zu realisieren.

Feministische Förderprogramme sind notwendig als Vermittlung zwischen Regierungen und der Zivilgesellschaft. Besonders Grassroots Bewegungen sind durch viele staatliche Regulierungen eingeschränkt, Förderungen anzunehmen. Sie haben oft nicht die organisatorischen Strukturen, um Förderungen erstmals zu beantragen oder große Fördersummen buchhalterisch zu verwalten. Diese Barriere muss sich feministische Förderungen annehmen. Feministische Finanzierungsansätze verteilen Gelder um. Gleichzeitig machen sie auf die Prekarität von feministischen Organisationen aufmerksam, welche durch die bestehenden Finanzierungsstrukturen kontinuierlich weiterbesteht. So argumentiert Reddy, dass die historische Unterfinanzierung von feministischer Arbeit noch immer dafür sorgt, dass diese Initiativen über keine adäquaten finanziellen Mittel verfügen, um in inklusivere Organisationsstrukturen, als auch das gesundheitliche Wohlbefinden von Angestellten investieren zu können. Als Konsequenz dominieren meist privilegierter Menschen feministische Bewegungen, marginalisierte Menschen jedoch wird es erschwert sich zu engagieren. Ein Umdenken wie feministischer Aktivismus nachhaltig finanziert werden kann, könnte dafür sorgen, dass die so dringend gebrauchte Teilnahme von marginalisierten Gruppen endlich Realität werden kann.  

The Authors

Michelle Reddy

Michelle Reddy

Co-Lead at the Pacific Feminist Fund, Fiji Islands.

Amina Doherty

Amina Doherty

Co-Founder of the Black Feminist Fund and Vice-President, People, Equity and Culture at the Equality Fund, Antigua and Barbuda

Portrait of Miriam Mona Mukalazi
Miriam Mona Mukalazi

Miriam Mona Mukalazi ist eine führende Wissenschaftlerin auf dem Gebiet der feministischen Sicherheitspolitik. Derzeit ist sie Max-Weber-Post-Doc-Stipendiatin am Robert-Schuman-Zentrum für Höhere Studien am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz. In letzter Zeit war sie unter anderem für das Centre for Feminist Foreign Policy, die Weltbank und die EU-Kommission tätig.

During her PhD at Heinrich-Heine-University in Duesseldorf, Miriam compared the African Union’s and European Union’s legitimation practices with regard to gender, peace and security policies. She has taught Feminist Foreign Policy at the University of Cologne and was part of a research project at the Philipps University of Marburg. As a visiting researcher, Miriam worked at Georgetown University in Washington, D.C. and the Institute for Peace and Security Studies in Addis Ababa. Moreover, Miriam was selected for the International Charlemagne Prize Academy to conduct research on EU Gender Policies. She has received other scholarships from the Bertelsmann Foundation, ZEIT as well as the Deutschlandstiftung Integration scholarship with the German Chancellor as patronage.

Before her academic career, Miriam worked at UN Women Germany, specialising in the UN’s Women, Peace and Security agenda. As an expert on feminist security policies, she was invited to the Foreign Affairs Committee of the German Bundestag.

Moreover, Miriam regularly comments on security policies in German-speaking media such as SWR, WDR, Deutschlandfunk Nova, Wiener Zeitung, and DER Standard.

Kontakt
Website: www.eui.eu/people?id=miriam-mukalazi
Twitter: MiriamMonaMu; EUI_Schuman
LinkedIn: Miriam Mona Mukalazi; Robert Schuman Centre for Advanced Studies
Instagram: Miriam.Mona.Mukalazi; RobertSchumanCentre
BlueSky: @miriammonamukalazi.bsky.social